Wenn von einem Übernahmeprozess geredet wird, wird kaum einmal das Thema auf Macht und Ohnmacht gelenkt werden. Auf den ersten Blick mag dies auch absurd erscheinen; die Praxis zeigt jedoch, dass ein zweiter Blick erforderlich ist, um viele Handlungsweisen der Akteure selbst und vor allem der Mitarbeiter zu verstehen. Es geht dabei auch selten um offen erkennbare Absichten, sondern vielmehr um verdeckte, auch unbewusste Verhaltensweisen, die dem Übernehmer die Bewältigung seiner neuen Aufgaben erschweren.
Worin liegt die Problematik?
Auch wenn die Sache multidimensional ist, so liegt dennoch die Problematik in der Veränderung von in der Vergangenheit geschaffenes in ein zukünftiges Umfeld. Um hier etwas Struktur hineinzubringen ist es zweckmäßig, verschiedene Aspekte zu unterscheiden.
Zunächst ist einmal bedeutsam, in welchen Unternehmensphasen der Übergeber das Unternehmen geführt hat.
Hat er es
- selbst gegründet hat,
- in einer Wachstumsphase geführt,
- konsolidiert, oder gar
- vor einem Niedergang abgegeben?
Dann spielen die Persönlichkeit des Übergebers und sein Führungsstil eine entscheidende Rolle.
War er
- patriarchalisch autoritär
- eine patriarchalische Autorität, oder
- kooperativ?
Die fachliche Qualifikation und der Umgang mit seinen Stärken und Schwächen haben die Betriebsorganisation ebenfalls entscheidend geprägt. Je nach Art des zu übergebenden Unternehmens ist mehr oder weniger technisches Wissen gefragt. Oftmals ist dieses Wissen aber gerade der Gründungsimpuls gewesen und stellt die Stärke des Übergebers dar. Technisch konkurrenzfähige Produkte zu kreieren ist für Produktionsunternehmen die Daseinsberechtigung; aber Technik alleine führt das Unternehmen nicht. Somit stellt sich die Frage nach der umfassenden Führung. Ein Funktionsvakuum ist in einem Unternehmen nicht wirklich möglich, denn diese Funktionen werden immer in einer Art und Weise ausgeführt. Wird es nicht von der Geschäftsleitung festgelegt, dann machen es die Mitarbeiter aus sich heraus, so gut sie es selbst können. Damit spielt auch die fachliche Qualifikation der Mitarbeiter eine wesentliche Rolle.
Ein weiterer nicht zu unterschätzender Faktor ist persönliche Leistungsbereitschaft des Übergebers und oftmals auch die seiner engeren Umgebung. Die Leistungsmotivation wird von einem starken Willen getrieben, etwas zu schaffen und das unabhängig von den Arbeitsbedingungen, der Arbeitsumgebung und auch der Privatsphäre. Gerade Gründer arbeiten nicht selten in ihrem Unternehmen, sondern sie sind vielmehr ihr Unternehmen und es ist eine Verschmelzung von Persönlichkeit und Unternehmen erfolgt. Meist geht das auf Kosten der Privatsphäre, die es dann kaum mehr – oder nur zu eingeschränkten Zeiten im Jahr wie in der kargen Urlaubszeit, wo dann alles nachgeholt werden muss und somit wiederum Stress erzeugt – gibt und unter der auch die späteren Übernehmer bereits im Kindesalter darunter gelitten haben.
Die Führung eines Unternehmens hinterlässt Spuren. Es ist wie in der Natur, wo Rücken und Täler entstehen, und wo das Wasser immer mehr die gleichen Bahnen wählt und diese vergrößert, ausspült, bis nur mehr diese vorhanden sind. Man kann es gut mit einem frisch aufgeschütteten Erdhaufen vergleichen, an dem Regen sich zu schaffen machte und Wassergänge gestaltete, in denen das Wasser abfließt und immer weiter ausspült. Unten bleibt eine Moräne zurück. Will man diese wegschaufeln und wirft sie auf den Erdhaufen zurück, so wird sie der nächste Regen wieder wegspülen, wenn nicht rechtzeitig Vorkehrungen getroffen wurden. Darin kann die Ohnmacht des Nachfolgers liegen. Er kann leichter die vorhandenen Wassergänge nutzen als diese zu beseitigen. Wenn aber ein „Erdrutsch“ droht, müssen „andere Wasserwege“ geschaffen und die „Erde aufgefüllt“ werden.
Weiterführende Informationen finden Sie hier im Blog in den nächsten Tagen:
- Teil 2: Macht und Ohnmacht in den einzelnen Unternehmensphasen und die Auswirkung im Übernahmeprozess
- Teil 3: Die Rolle der Persönlichkeiten von Übergeber und Übernehmer
- Teil 4: Welche Erkenntnisse können daraus gezogen werden?
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