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WESENTLICHE ASPEKTE BEI DER VORBEREITUNG UND DURCHFÜHRUNG EINER GERICHTLICHEN UNTERNEHMENSSANIERUNG

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Schon bei der Vorbereitung eines Insolvenzverfahrens muss entschieden werden, ob ein Konkursverfahren oder aber ein Sanierungsverfahren mit oder ohne Eigenverwaltung zu beantragen ist. Dabei ist eine Fortbestehensprognose, die verfügbaren Finanzierungsmöglichkeiten, die Verwertung des Anlage- und Umlaufvermögens, sowie auch relevant, ob und in welchem Umfang überhaupt Zahlungen geleistet werden dürfen. Dabei sind auch (die vorübergehenden) Änderungen zu beachten, welche vom Gesetzgeber in Berücksichtigung der durch die Pandemie verursachten Auswirkungen normiert wurden.

Die näheren Details, welche Umstände dabei konkret zu beachten sind, finden Sie in unserem neuen Beitrag.

Einführung

Für die erfolgreiche Sanierung eines insolventen Unternehmens ist es in der Praxis von wesentlicher Relevanz, dass die gerichtliche Sanierung entsprechend rechtzeitig und sorgfältig vorbereitet und abgewickelt werden kann. Bereits bei der Vorbereitung eines Konkursantrages ist abzuklären, ob ein Sanierungsverfahren mit oder ohne Eigenverwaltung beantragt wird, da die Voraussetzungen und die Erfordernisse unterschiedlich sind.

Im Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung ist eine Sanierungsplanquote von 30 % anzubieten. Der Schuldner muss ein genaues Vermögensverzeichnis, eine aktuelle und vollständige Übersicht über den Vermögens- und Schuldenstand mit Ausweis der Bestandteile des Vermögens (Status), und insbesondere eine detaillierte Gegenüberstellung der voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben für die folgenden 90 Tage zur Finanzierung der Fortführungskosten und der mit der Abwicklung des Konkursverfahrens verbundenen Massekosten (Finanzplan), vorlegen.

Für ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung sind die Anforderungen bei Antragstellung deutlich geringer. Es ist nur eine Mindestquote von 20 % anzubieten, sowie die zur Beurteilung der Insolvenz und der Sanierung erforderlichen Urkunden, insbesondere ein Status, vorzulegen.

Es kann auch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ohne Antrag auf Annahme eines Sanierungsplanes gestellt werden und ein Sanierungsplan dann im Laufe des Konkursverfahrens angeboten werden.

1. Beurteilung der Liquidität

Bei der Vorbereitung eines Sanierungsverfahrens relevant ist eine Fortbestehensprognose, also die Beurteilung, ob ein Unternehmen saniert werden kann. Maßgeblich dafür sind die Reorganisationsfähigkeit (also alle erforderlichen betriebswirtschaftlichen Maßnahmen und Geschäftsfelder), die Reorganisationswürdigkeit (die Ertragsfähigkeit nach Sanierung des Unternehmens) und die Kosten der Sanierung bzw. auf welche Art und Weise diese finanziert werden können.

Vornehmlich anzudenken sind in diesem Zusammenhang Sale-and-lease-back-Lösungen, der Verkauf des Unternehmens an eine (gegebenenfalls dafür neu zu gründende) Auffanggesellschaft, Vereinbarungen mit den Lieferanten und Kunden, wobei hier vornehmlich bei den Lieferanten an die Vereinbarung von Ratenzahlungen oder Stundungen, hinsichtlich der Kunden beispielsweise an Vorauskasse zu denken ist.

Abzuklären ist, ob und in welchem Umfang liquide Mittel für die Fortführung des Unternehmens während der Sanierungsphase, insbesondere des Insolvenzverfahrens, zur Verfügung stehen oder (beispielsweise über eine Fortführungsgarantie eines Dritten, vornehmlich der Hausbank) zur Verfügung gestellt werden können.

Wesentlich in diesem Zusammenhang ist, dass Kundenforderungen regelmäßig anfechtungsfest an die Hausbank zediert wurden und daher dem Unternehmen grundsätzlich nicht als liquide Mittel zur Verfügung stehen.

Abzuklären ist, ob und in welchem Umfang frei verwertbares Anlage- und Umlaufvermögen, welches für eine Betriebsfortführung nicht erforderlich ist, verwertet werden kann. Zu berücksichtigen sind dabei Pfandrechte an Liegenschaften und Maschinen, sowie am Warenbestand oder aber auch Eigentumsvorbehalte, welche einer Verwertung entgegenstehen können.

Von wesentlicher Relevanz für die Sanierbarkeit eines Unternehmens ist auch, ob laufende Aufträge weiter erfüllt werden oder der Insolvenzverwalter davon gemäß § 21 Insolvenzordnung (IO) zurücktreten wird. Bei einem Rücktritt sind wieder die daraus resultierenden Schadenersatzforderungen des Geschäftspartners zu veranschlagen.

Kritisch zu überlegen ist, ob und wer im Vorfeld eines Insolvenzverfahrens zu informieren ist. Grundsätzlich eingebunden werden sollten die finanzierenden Banken, jedoch nur kurzfristig vor einer tatsächlichen Insolvenzeröffnung, ansonsten ein erhebliches Anfechtungsrisiko zu den begebenen Finanzierungen besteht. Auch Gesellschafter sollten über den Status informiert werden. Anzudenken sind letztlich Dienstnehmerorganisationen, hier wieder insbesondere das Insolvenzreferat bei der Gewerkschaft, dies im Hinblick auf einen allenfalls erforderlichen Antrag gemäß § 45 a Arbeitsmarktförderungsgesetz (AMFG).

2.Anfechtungsausschluss für Überbrückungskredite

Relevant ist in dem Zusammenhang, dass ausnahmsweise die Anfechtung eines im Zeitraum vom 01.03.2020 bis 31.01.2021 in der Höhe einer vom Kreditnehmer beantragten Covid-19-Kurzarbeitshilfe gewährten Überbrückungskredits und dessen (sofortige) Rückzahlung nach Erhalt der Kurzarbeitshilfe an den Kreditgeber im Falle einer späteren Insolvenz gemäß § 31 IO unter der Voraussetzung, dass weder ein Pfandrecht noch eine vergleichbare Sicherheit aus dem schuldnerischen Vermögen bestellt wurde und dem Kreditgeber bei Kreditgewährung die Zahlungsunfähigkeit des Kreditnehmers nicht bereits bekannt war, ausgeschlossen ist (vgl. 4.Covid-19-Gesetzespaket idF 2.Covid-19-Justiz-Begleitgesetz idgF). Durch diesen Anfechtungsausschluss soll die Aufrechterhaltung der Liquidität von Unternehmen, die Kurzarbeit für ihre Arbeitnehmer durchführen, für den Zeitraum bis zur Auszahlung der Kurzarbeitsbeihilfe gemäß § 37 b Arbeitsmarktservicegesetz (AMSG) überbrückt werden können.

Nach § 1 des Eigenkapitalersatzgesetzes (EKEG) ist ein Kredit, den ein/e Gesellschafter/in der Gesellschaft in der Krise gewährt, grundsätzlich eigenkapitalersetzend. Ein in der gegenwärtigen Krise gewährter Gesellschafterkredit ist aber nicht eigenkapitalersetzend, wenn der Geldkredit im Zeitraum 05.04.2020 bis 31.01.2021für nicht mehr als 120 Tage gewährt und die Kreditsumme weder durch ein Pfandrecht oder eine andere vergleichbare Sicherheit aus dem Vermögen der Gesellschaft besichert wird (vgl. 4.Covid-19-Gesetzespaket idF 2.Covid-19-Justiz-Begleitgesetz idgF).

3.Geschäftsführerhaftung

Trotzdem ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die Tätigkeit des Geschäftsführers vor einer Insolvenz bzw. während der Verfahrensvorbereitung haftungsträchtig sein kann, da bei Insolvenzverschleppung (Verletzung der rechtzeitigen Insolvenzantragspflicht) Gläubiger einer juristischen Person Schadenersatzansprüche gegen deren verantwortliche Organe geltend machen können. Zudem führt die Insolvenzverschleppung regelmäßig auch zu einer Haftung der Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft selbst.

Grundsätzlich zu beachten ist auch das Zahlungsverbot, da sämtliche Gläubiger gleich zu behandeln sind. Insbesondere öffentliche Gläubiger (Finanzamt, Sozialversicherungen, Krankenkasse) dürfen bei sonstiger persönlicher Haftung des Geschäftsführers nicht verkürzt werden. Dienstgeberabgaben und Umsatzsteuer werden in der Rechtsprechung als Fremdgeld qualifiziert. Auch die Annahme neuer Aufträge, die letztlich dann nicht erfüllt werden können, kann ein Unternehmen und den Geschäftsführer persönlich mit erheblichen Schadenersatzforderungen konfrontieren.

4.Zahlungsverbot

Trotz des grundsätzlichen Zahlungsverbots sind in der Zeit vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bzw. während der Verfahrensvorbereitung aber Zug-um-Zug-Geschäfte, sowie die Zahlung von betriebs-und fortführungsnotwendigen Aufwendungen (Miete, Energiekosten, Schlüsselkräfte, Beratungsaufwand), sofern eine positive Fortführungsprognose gestellt werden kann, zulässig.

Als nicht betriebs- und fortführungsnotwendig werden im Allgemeinen Forderungen der Dienstnehmer für Löhne und Gehälter angesehen, da diese gemäß Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz (IESG) vom Insolvenzausfallsgeldfond zu zahlen sind, der dann den Quotenanspruch im Konkurs übernimmt. Werden jedoch Löhne und Gehälter an Dienstnehmer bezahlt, müssen die daraus entfallende Lohnsteuer und die Dienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung zur Gänze entrichtet werden. Reichen die vorhandenen Mittel zur Abfuhr der Lohnsteuer und Dienstgeberbeträge nicht aus, sind die auszuzahlenden Löhne zu kürzen und die darauf entfallenden Lohnsteuern und Dienstnehmerbeiträge zur Gänze abzuführen. Auch die Kapitalertragssteuer ist wie die Lohnsteuer jedenfalls zur Gänze zu entrichten.

Hinzuweisen ist auch darauf, dass nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit kein Gläubiger begünstigt und dadurch ein anderer Gläubiger benachteiligt werden darf, da vorsätzliche Ungleichbehandlung von Gläubigern gegebenenfalls strafgesetzwidrig und mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren sanktioniert ist (§ 158 Strafgesetzbuch [StGB]).

5.Veranlassungen nach Insolvenzeröffnung

Die entsprechend vorbereiteten Sanierungsmaßnahmen sind dann nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem vom Insolvenzgericht bestimmten Insolvenzverwalter final abzustimmen bzw. von diesem dann während der Betriebsfortführung im Insolvenzverfahren umzusetzen. Relevant ist, dass dem Masseverwalter eine bevorrechtete Schließung von Betrieben oder Teilbetrieben, die begünstigte Auflösung von Dienstverhältnissen, sowie überhaupt die begünstigte Auflösung von zweiseitigen Verträgen, die beiderseits (noch) nicht vollständig erfüllt wurden, zukommt.

Nicht betriebsnotwendige Assets sind vom Insolvenzverwalter durch Verkauf zu verwerten, wobei grundsätzlich bis zur Sanierungsplantagsatzung ein Verwertungsverbot für betriebsnotwendige Assets besteht. Vom Insolvenzverwalter ist auch zu beurteilen, ob die angebotene Sanierungsplanquote im Hinblick auf eine vollständige Verwertung des Betriebsvermögens angemessen ist. Dazu werden vom Insolvenzverwalter Gutachten zur Bewertung der betriebseigenen Liegenschaften und der sonstigen Assets eingeholt. Offene Forderungen werden vom Masseverwalter im Schätzungswege beurteilt. Abhängig von den Ergebnissen dieser Prüfung kannderSanierungsplanvorschlag zu verbessern sein.

Nach Eröffnung des Konkursverfahrens haben dann sämtliche Gläubiger ihre Forderungen zur Anmeldung zu bringen und werden diese vom Insolvenzverwalter in Abstimmung mit dem Schuldner bei der vom Gericht üblicherweise in einem Zeitraum von zirka zwei Monaten nach Konkurseröffnung angesetzten Tagsatzung geprüft. Die Tagsatzung zur Abstimmung über den angebotenen Sanierungsplan erfolgt üblicherweise binnen drei Monaten nach Antragstellung. Im Vorfeld dieser Tagsatzung werden die erforderlichen Zustimmungen bei den Gläubigerschutzverbänden (AKV, KSV, ÖVC), bei den Dienstnehmervertretungen (ISA, Insolvenzausfallgeldfond, Gewerkschaft) sowie den sonstigen Großgläubigern (insbesondere Finanzamt, Krankenkasse, Sozialversicherung, Banken) zu verhandeln sein.

Wurde der Sanierungsplan von den Gläubigern angenommen, ist dieser mit Beschluss vom Gericht zu bestätigen. Mit Rechtskraft dieses Beschlusses ist das Insolvenzverfahren beendet und ist die Aufhebung in der Ediktsdatei anzumerken.

6.Beachtenswertes in der Erfüllungsphase

In der nach Aufhebung des Konkursverfahrens dann anschließenden Erfüllungsphase ist erfahrungsgemäß wesentliches Augenmerk auf die Verhandlung neuer Finanzierungen, Erlangung neuer Aufträge, korrektes Rating und Listening sowie eine kompetente steuerliche und betriebswirtschaftliche Begleitung zu legen. Insbesondere zu berücksichtigen ist, dass bei einer erfolgreichen Sanierung auch der Sanierungsgewinn ertragssteuerlich veranlagt wird, womit unter Umständen eine weitere erhebliche finanzielle Belastung verbunden sein kann, die finanziert werden muss.

Allerdings ist erfahrungsgemäß auch davon auszugehen, dass eine erfolgreiche Umsetzung sämtlicher Sanierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen unter Umständen hohe Gewinnpotenziale und Marktchancen bergen kann.

Autor: DDr. Alexander Hasch

Siehe auch auf Betrieb zu haben (betrieb-zu-haben.at)